Silent-Brass

Sicher, wenn der Musikverein 1929 Ketsch nicht proben und auftreten darf, wie derzeit aufgrund
der Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg, dann ist es natürlich auch gleich recht
still. Doch das ist hier nicht gemeint. In der vergangenen Woche war schon darauf hingewiesen
worden, dass die Musikerinnen und Musiker des Musikvereins aktuell nur noch zuhause proben
können und dies vielleicht dem einen oder anderen Nachbarn – der sich selbst vielleicht gerade im
Home-Office befindet – durchaus akustisch auffallen könnte.
Die Instrumente der Blechbläser, ganz gleich, ob es sich etwa um eine Trompete, ein vielfach in
Rundungen geschwungenes Waldhorn (schwer zu intonieren und Musiker-intern daher oftmals auch
als „Glücksspirale“ bezeichnet), ein Bariton oder eine Tuba handelt – alle haben gemeinsam, dass
man auf der einen Seite hineinbläst und dann irgendwann auf der anderen Seite (egal, ob vorne,
oben oder unten) ein Ton – regelmäßig verstärkt durch einen Schalltrichter – herauskommt. Bei den
Holzbläsern oder auch bei den Schlagwerkern ist das regelmäßig anders.
Diese instrumentenspezifische Eigenart ist auch der Grund, weshalb es für Blechblasinstrumente
diverse sog „Dämpfer“ gibt, mit denen die Töne zusätzlich beeinflusst und verändert werden
können. Und es gibt zusätzlich auch verschiedene Systeme, bei denen der Ton vollständig
abgedämmt wird, so dass Außenstehende (fast) nichts mehr hören und nur der Spieler selbst (mit
entsprechender Technik und einem „Knopf im Ohr“ oder Kopfhörern) seine Töne wahrnehmen kann.

Tuba „mit Hut“ – Bei einer großen Tuba kann ein Dämpfer beachtliche Ausmaße annehmen. – Foto: Clemens Dortelmann

Am bekanntesten dürfte das System „Silent-Brass“ der Firma Yamaha sein. Entsprechend der Größe der Instrumente, sind auch solche Dämpfer natürlich unterschiedlich groß. Und während ein Trompeten-Dämpfer eher klein und handlich ist, verfügt ein Tuba-Dämpfer über beachtliche Ausmaße.
Auch Tubist Clemens Dortelmann besitzt und verwendet seit vielen Jahren einen solchen Silent-Brass-Dämpfer. Die Größe erinnert etwas an ein 30l-Bierfass. „Kein Problem“, schmunzelt
Dortelmann, „mit einem Bierfass kann ich wohl umgehen.“ Trotzdem muss man sich an das Üben mit einem solchen Dämpfer erst einmal gewöhnen, denn auch wenn es nicht so schwer wie ein Bierfass ist, hat ein solcher Dämpfer ein gewisses Gewicht und verändert den Schwerpunkt des Instruments. Besonders beeindruckend aber ist die Wirkung des Dämpfers, also das Spielen mit und ohne Dämpfer. Und wenn Dortelmann nicht regelmäßig mit seiner Tuba (entweder im Tragerucksack auf dem Rücken oder offen vorne eingehängt im Tragegestell) durch Ketsch zu Proben und Auftritten laufen würde, wüssten selbst viele Nachbarn möglicherweise bis heute noch
nicht, dass er Tuba spielt. Denn hören kann man sein häufiges Üben praktisch nicht.

Ganz anders sein Satzkollege Manfred Lange, der auf einen Silent-Brass-Dämpfer verzichtet und zum Proben seinen eigens eingerichteten – jedoch nicht speziell schallisolierten – Proberaum im Keller aufsucht. Nicht nur, dass bei bestimmten Tönen selbst noch im zweiten Obergeschoss des Hauses Geschirr und Möbel in Schwingungen geraten; auch die Nachbarn zwei Häuser weiter oder gegenüber etwa, wissen: „Manfred probt! Und das noch häufiger als sonst – da ist wohl wieder ein Konzert in Vorbereitung!“ as